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Lebensgefahr Schriftart?

10’000 Meter über dem Atlantik schien der Tag zunächst wie jeder andere. Der Himmel war zwar von Wolken durchzogen, aber nichts deutete darauf hin, dass dieser Flug etwas Besonderes werden sollte. Mein Buddy und ich befanden uns mit unseren Kampfjets auf routinemässiger Patrouille.

Plötzlich knackte es im Funkgerät. Die Stimme des Einsatzleiters klang angespannt, fast gehetzt: «Ein unidentifiziertes Flugzeug wurde in unserem Luftraum gesichtet. Koordinaten werden übermittelt. Ihre Aufgabe ist es, es zum nächstgelegenen Militärstützpunkt zu eskortieren.» Ein kurzer Blick zu meinem Buddy reichte, um zu erkennen, dass auch er die plötzliche Ernsthaftigkeit der Situation spürte. Wir tauschten ein kurzes Nicken aus, dann begannen die Vorbereitungen.

Fünf Minuten später war es soweit. Das Flugzeug, ein schwer zu identifizierendes Modell, kam in Sichtweite. Doch bevor wir uns näher von hinten annähern konnten, zog ein Sturm auf. Dunkle Wolken ballten sich bedrohlich am Horizont zusammen, und die ersten Turbulenzen machten sich bemerkbar. Mein Buddy war der erste, der die Stille brach: «Reduzier auf 310 Knoten, wir müssen uns anpassen.»

Ich zog den Gashebel vorsichtig zurück, doch die Turbulenzen nahmen rapide zu. Das Flugzeug wurde hin- und hergeworfen, als wäre es ein Spielzeug in den Händen eines launischen Kindes. Meine Hände umklammerten den Steuerknüppel, der Widerstand leistete wie ein widerspenstiges Tier. Der Tachometer war schwer abzulesen – wieso zur Hölle hatte Lockheed Martin beschlossen, Comic Sans für die Beschriftung zu verwenden? Ein absurder Gedanke, der für einen Moment die Panik überdeckte.

Der Tachometer war schwer zu entziffern, und meine Fehleinschätzung über den Abstand zum unbekannten Flugzeug wurde erst klar, als mein Buddy alarmiert auf dieses zeigte. Es beschleunigte plötzlich, als hätte es darauf gewartet, dass wir einen Fehler machen. «Wir verlieren es!», rief er, doch es war bereits zu spät. Das fremde Flugzeug gewann rasch an Abstand, verschwand im peitschenden Regen und löste sich beinahe in den dichten Wolken auf.

Hilflos sahen wir zu, wie das Flugzeug in der Dunkelheit verschwand. Der Sturm hatte es verschlungen, und mit ihm die Chance, seine Absichten zu klären. Ein bitterer Geschmack breitete sich in meinem Mund aus, als wir Kurs auf den Militärstützpunkt nahmen. Der Gedanke, dass unsere Fehleinschätzung den Ausgang dieser Mission beeinflusst hatte, nagte an mir. Doch ich wusste, dass wir in diesem Moment keine andere Wahl hatten.

 

Die scheinbar banale Wahl der Schriftart

In einer Hochrisikosituation wie dieser kann die scheinbar banale Wahl der Schriftart auf einem Tachometer den Verlauf einer Mission drastisch beeinflussen. Die Comic-Sans-Beschriftung, die in der Geschichte verwendet wird, ist natürlich ein überspitztes Beispiel – jeder, der solch eine Schriftart verwendet, sollte sich ernsthaft fragen, ob er heimlich die Welt ins Chaos stürzen will. Dennoch verdeutlicht dieses Beispiel, wie entscheidend klare und leicht lesbare Schriftarten sein können, besonders in kritischen Momenten, in denen schnelle und präzise Entscheidungen gefragt sind. Eine Monospace-Schriftart hingegen hätte hier einen erheblichen Unterschied gemacht. Bei einer flüchtigen Betrachtung sind Monospace-Ziffern leichter zu entziffern.

Doch was hat es sich mit der Monospace-Schrift auf sich? Wie kam sie zustande?

 

Monospace-Schrift und wie sie hilft

Die Geschichte der Monospace-Schrift ist ziemlich spannend – und sie beginnt tatsächlich viel früher, als man vielleicht denkt.

Man sagt oft, dass die Monospace-Schrift erst mit der Erfindung der Schreibmaschine entstanden ist. Aber die Geschichte geht tatsächlich viel weiter zurück – und zwar ins Jahr 1440.

In diesem Jahr erfand Gutenberg den Buchdruck und damit auch die erste Monospace-Schrift. Die beweglichen Lettern basierten auf dem Prinzip, dass jeder Buchstabe exakt den gleichen Platz in der Zeile einnimmt. Genau das ist die Definition einer Monospace-Schrift: alle Zeichen haben die gleiche Breite. Damals wollte man primär die Fraktur-Schrift der Mönche nachahmen, um die Bibel schneller und effizienter zu drucken.

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Quelle: https://interaction.signalwerk.ch/articles/font-history/

Der Begriff «Monospace» kam aber erst viel später auf, nämlich im Zusammenhang mit Schreibmaschinen – und noch später dann mit Computern. Schreibmaschinen benötigten eine solche Schriftart, weil die Mechanik jeden Buchstaben denselben Abstand einhalten liess.

 

Die DNA der Monospace-Schrift

Das bringt uns zur Anatomie der monotonen Schrift. Im Gegensatz zu Proportionalschriften – die bevorzugten Werkzeuge des modernen Buchdrucks und der digitalen Welt – beansprucht die Monospace-Schrift für jedes Zeichen den exakt gleichen Platz in einer Zeile. Dies hat die Schriftdesigner vor eine Herausforderung gestellt.

Die mussten nämlich kreativ werden: Schmale Zeichen wie «i», «l» und «f» mussten erweitert werden, während breite Zeichen wie «m» und «w» in der Breite komprimiert wurden. Das Ergebnis? Eine Schrift, die trotz ihrer Gleichmässigkeit erstaunlich ausgewogen wirkt. Und das Kerning, also der Abstand zwischen den Buchstaben, sorgt dafür, dass alles schön lesbar bleibt.

Monospace ist breiter

Einige moderne Monospace-Schriften verbessern die Lesbarkeit weiter, indem sie ähnliche Zeichen klar unterscheidbar machen. Zum Beispiel das O und die Null. Denn wer will schon ernsthaft raten, ob eine Zahl oder ein Buchstabe gemeint ist? Die Null bekommt dabei oft einen Querstrich in der Punze– ein kleines Accessoire, das für Klarheit sorgt.

Dies bringt uns zurück zur unserer Geschichte am Anfang. Wäre der Tachometer mit einer Monospace-Schrift ausgestattet gewesen, hätte der Pilot die Geschwindigkeit genauer einschätzen können. Der Verlauf der Mission wäre ein anderer gewesen: Die Piloten hätten das Flugzeug vielleicht erfolgreich eskortieren oder zumindest seine Absichten klären können, statt es in den Tiefen des Sturms verschwinden zu sehen.

Dieser scheinbar kleine Aspekt zeigt, wie entscheidend jedes Detail in der Gestaltung sein kann. In der Luftfahrt, wo Menschenleben und sicherheitskritische Missionen auf dem Spiel stehen, darf keine Komponente – und erschiene sie noch so unbedeutend– vernachlässigt werden. Die Wahl der Schriftart mag trivial wirken, doch sie steht symbolisch für die grössere Verantwortung, die mit jedem Design- und Technikdetail einhergeht.

 

Wie Monospace die Welt prägt

Monospace-Schriften sind heute vorwiegend in der Programmierung zu finden. Sie sorgen für eine einheitliche Ausrichtung und erleichtern das Lesen, Schreiben und Debuggen von Code. Dank ihrer klaren Anatomie helfen sie Entwicklern, die richtige Einrückung und Syntax auf einen Blick zu erkennen – ein daily win für Programmierer.

Doch nicht nur in der Tech-Welt haben Monospace-Schriften ihre Nische gefunden. Auch im Finanzsektor haben sie sich ihren Platz erobert. Durch ihre Charakteristik ist sie eine gute Wahl für die Erstellung von Datentabellen und Tabellenkalkulationen. Sie bringen Ordnung in Zahlenkolonnen und verbessern die Übersichtlichkeit, was die Analyse und Interpretation von Daten wesentlich erleichtert, auch für Laien.

Interessanterweise greifen auch bekannte Marken wie Uber und Shopify auf Monospace-Schriften in ihren Designsystemen zurück. Ihre funktionale Charakteristik passt perfekt zu den Anforderungen moderner Unternehmen, die Wert auf Benutzerfreundlichkeit und Effizienz legen. Was uns zu unserem eigentlichen Punkt bringt.

 

Die Evolution der Monospace-Schrift

Bei der Schriftwahl im Rahmen eines Brandingprozesses liegt der Fokus oft auf der ästhetischen Wirkung und der harmonischen Verbindung mit den Werten eines Unternehmens. Diese Herangehensweise ist zweifellos berechtigt, da sie die visuelle Identität einer Marke stärkt und deren Kernbotschaften unterstützt. Doch wie wäre es, wenn wir den funktionalen Aspekt der Schriftwahl stärker in den Vordergrund rücken würden?

Ein bemerkenswertes Beispiel für den gezielten Einsatz von Monospace-Schriften bietet das Designsystem von Uber. Hier wurde eine Schwesternversion der Haupttypografiestile entwickelt, die ausschliesslich Uber Move Mono verwendet.

„We’ve created a sister version of our main typographic styles, which solely uses Uber Move Mono. It is designed specifically for money and number-related use cases.“

Diese Herangehensweise demonstriert eindrucksvoll, wie Monospace-Schriften gezielt zur Lösung spezifischer Designanforderungen eingesetzt werden können.

Dass zu Design jeder eine Meinung hat, ist klar – das haben wir bereits in einem weiteren Beitrag festgehalten. Umso wichtiger ist es, fundierte Entscheidungen zu treffen, die über persönliche Vorlieben hinausgehen. Stellen wir uns also vor, es gäbe eine Designheuristik, die gezielt den Einsatz spezifischer Schrifttypen für bestimmte Anwendungen empfiehlt. Beispielsweise könnte eine Regel etabliert werden, wonach Monospace-Schriften bevorzugt eingesetzt werden, wo immer Datenvisualisierungen eine hohe Übersichtlichkeit erfordern. Auf diese Weise würde nicht nur die Funktionalität von Designs gesteigert, sondern auch ein zukunftsorientierter Ansatz in der Typografie etabliert, der ästhetische und praktische Anforderungen gleichermassen berücksichtigt.

Was denkst du über den gezielten Einsatz von Schriften für bestimmte funktionale Aufgaben von Content-Einheiten? Lass es uns wissen!

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