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Der erste Eindruck zählt: Beratungszimmer für digital unterstützte Beratungen

In der letzten Woche trafen sich wieder Vertreter beratender Banken und evux. Wir diskutierten die neuen Herausforderungen im Beratungszimmer und in der digital unterstützten Bankberatung. Bei diesem Mal durften wir in unserer Interessensgemeinschaft Beratungsunterstützung neben Vertretern der Zürcher und Basler Kantonalbank mit der Bank Cler auch Verantwortliche der Schwyzer Kantonalbank, Luzerner Kantonalbank, Schaffhauser Kantonalbank, Liechtensteinischen Landesbank und der Bank Linth begrüssen. Unsere Themen waren die Situation im Sitzungszimmer und aus gegebenem Anlass die Umstände und Voraussetzungen für die Remote-Beratung.

Bringen wir Technologie in einen Kontext, in dem vorher keine war, ändern sich überraschend viele Dinge. Plötzlich werden Umstände entscheidend, die vorher keine Rolle spielten. So sieht es beispielsweise mit der Beleuchtung in Beratungszimmern aus. Wenn ein glänzender Bildschirm das wichtigste gemeinsame Material in der Beratung wird. Eine riesige Lampe in der Mitte des Raumes angestellt wird. Dann ist eben nur noch ein grosser Mond (das Spiegelbild der Lampe) auf dem Bildschirm zu sehen. Solche Dinge passieren eben, wenn eine alte Welt auf eine neue trifft. Genau diese Art von Überraschungen haben wir gemeinsam diskutiert.

Das Beratungszimmer – do’s und dont’s

Als Quasi-Standard in Beratungszimmern hat es sich durchgesetzt ein Primärgerät kombiniert mit einem an die Wand montierten Bildschirm. Das Primärgerät ist dabei meist ein Convertible, bisweilen ein Tablet. Die Teilnehmer berichten alle, dass das Primärgerät jeweils auch das eigene Gerät der Beraterin oder des Beraters ist. In anderen Domänen erlebt evux auch, dass die Beratungsgeräte gemeinsame Geräte sind. Damit ist das Primärgerät zwar oft schneller für eine Beratung parat, verwaist aber mit der Zeit. Das heisst, es gibt keinen Verantwortlichen, der das Touch-Device beispielsweise putzt – gerade jetzt eher schwierig.

Ideen, wie bereits einen Willkommensscreen anzuzeigen, der den Kunden begrüsst, scheitern noch oft an Security-Vorgaben. Aber auch Verantwortlichkeiten sind hier diffus. Soll ein allgemeines Willkommen geschaltet werden, kann das unabhängig vom Beratungsgerät schlicht für die Monitore in den Beratungszimmern eingestellt werden. Dafür aber zeichnet sich selten eine benennbare Stelle verantwortlich.

Die technischen Verbindungen müssen funktionieren

Berater*innen die den Kundenfall auf ihren Primärgeräten vorbereiten. Müssen im Beratungszimmer sowohl eine Internetverbindung als auch die Verbindung zum Wandbildschirm herzustellen. Lösungen, die oft, manchmal oder häufig funktionieren, führen zu Frust. Und sie werden gerne als Ausrede verwendet, das neue Beratungstool nicht einzusetzen. Etabliertere Lösungen haben diese Herausforderungen im frühen Einführungsprozess bereits gelöst. Eben weil sie als Ausrede für die Nichtnutzung perfekte Probleme darstellen. Diese Herausforderung verschlimmern Beratende. Vor allem wenn sie sich nicht mehr als ein paar Minuten Zeit lassen, das Besprechungszimmer und die Beratung vorzubereiten. Dann kommen sie in Stress. Eine Lösung für dieses Thema hat also mindestens zwei Komponenten: die stabile Verbindungstechnik, aber auch die Einstellung der Berater*innen.

Keine zwei baugleichen Beratungszimmer

«Ja, vielleicht zwei sind vom Grundriss her gleich, aber sicher kein Drittes», berichtet einer unserer Gäste. Fragen der Einrichtung eines Beratungszimmers sind dann individuell und nicht vom Schreibtisch aus planbar. Wo wird der Wandbildschirm installiert, wenn die einzige Nicht-Glaswand bereits gemäss Filialkonzept mit Kunst gestaltet ist? Wie bringen wir Verkabelungen unter, ohne dass das Beratungszimmer wie ein Serverraum aussieht? Der einfache Einblick auf den Zweitbildschirm, verletzt das Privatsphärebedürfnis der Kundinnen und Kunden.  Vor allem wenn Beratungszimmer über grosse Fensterflächen verfügen. Wie lösen wir das?

Und letztlich: Wie setze ich mich am schlausten als Berater*in hin und wo lasse ich die Kunden Platz nehmen? Hier bedarf es einiger genereller Regeln, die jedoch von Zimmer zu Zimmer eine eigene Dimension erhalten. Die Bedürfnisse der digital unterstützten Beratung müssen mit in die Konzepte für die Zimmerausstattung und ihren Aufbau eingeplant werden. Das geht aber in den seltensten Fällen von jetzt auf gleich. Da die Ausrüstung der physischen Räume auf andere Zeiträume geplant wird als die technischen und IT-Projekte. (Zum Beispiel werden Tische für 10 Jahre beschafft. Ein Rechner, damit auch Convertibles und Tablets, werden für 3 bis 5 Jahre beschafft.)

Koordination im Beratungszimmer

So verschieden die Beratungszimmer sind, so verschieden sind auch die Tischformen. Diese Formen können die unterschiedliche Koordinationsaufwände verursachen. «Der runde Tisch scheint am wenigsten zu funktionieren.», berichtet eine Teilnehmerin. Augenkontakt, der Beratenden und den Banken wichtig ist – und dafür gibt es gute Gründe – ist an solchen Tischen besonders schwierig zu halten. Kunden im Blick zu behalten ist bei mehr als einer Person zusätzlich schwierig. Es gibt sogar Sitzordnungen, die Unbehagen auslösen und dazu führen, dass Berater*innen versuchen, die Distanz zu Kunden zu vergrössern.

Zusätzlich kommen jetzt Plexiglaswände in die Beratungszimmer. Das allerdings wird als eine grosse Wohltat empfunden, weil sich Kundinnen und Kunden nun wieder mit ihren Beratern und Beraterinnen persönlich treffen können. Während des Lockdowns war dies ein grosses Bedürfnis, bestätigen uns die Teilnehmer unseres Austauschs. Die Plexiglaswand aber macht es noch schwieriger, allein mit dem Primärgerät, also Convertible oder Tablet, die Beratung durchzuführen.

Der Zweitbildschirm im Beratungszimmer

Der Zweitbildschirm wird daher ein noch wahrscheinlicheres Szenario für das gemeinsame Gespräch. Beratenden drohen hier mehrere Fallen: wenn sie Kunden aus dem Blick verlieren, weil sie genau wie die Kunden auf den Bildschirm an der Wand starren, können sie nicht vollumfänglich sicherstellen, dass Kunden bei der gleichen Sache sind wie sie selbst. Um die Koordination zu verbessern, gibt es auf einem der eingesetzten Tools unserer Teilnehmer eine kontinuierliche Visualisierung auf dem Wandbildschirm. Diese Visualisierung veranschaulicht durchgängig, welche Bewegungen Beratende auf dem Primärgerät ausführen. So können Kunden einerseits besser geführt werden, können aber andererseits auch viel einfacher folgen.

Schriftgrössen der Applikationen bleiben aber trotzdem ein Problem, weil eben auch die Abstände zu den grossen Bildschirmen variieren. Da, wie bereits oben beschrieben, Beratende ihre Arbeitsrechner als Beratungsgerät einsetzen, kommt auch die Koordination der Sichtbarkeit von anderen Programmen auf dem Gerät ins Spiel. Berater*innen müssen es gut im Griff haben, keine sensiblen Programminhalte an den grossen Bildschirm zu senden – was aus Versehen passieren könnte, wenn Programme noch offen sind oder der Screen statt dupliziert erweitert wird.

Die Remote-Beratung

Als der Lockdown kam, eröffneten sich zwei Problemstellen. Die Unternehmen brauchten ihre Bank, aber man konnte nicht mehr in ein Beratungszimmer oder vor Ort zum Kunden. Umgehungslösungen schossen aus dem Boden. Dabei war die Security und das Verhalten des Beraters vor der Kamera unklar. Für diese beratungsmethodischen Herausforderungen in der Remote-Situation gab es oft keine Unterstützung wie z.B. durch dafür vorgesehene Technologie Co-Browsing.

Das Betreuungskonzept bisher hat nicht hergegeben, dass Telefonberater einspringen. Jetzt mussten «physische» Berater plötzlich remote beraten. Und sie wollten es auch, der Ruf war laut genug, dass sich alle unsere Teilnehmer mit dem Thema auseinandergesetzt haben. Zwei der teilnehmenden Banken führen demnächst Piloten für die Remote-Beratung ein. Zwei Lager gibt es unter den Teilnehmenden:

Co-Browsing vs. Screen-sharing

Das Co-Browsing erlaubt, dass Kundenseite und Beraterseite mit dem geteilten Inhalt interagieren können. Während das Screen-sharing nur dem Teilenden eine Interaktion mit seinem eigenen Inhalt ermöglicht. In der Screen-sharing-Variante ist die Kundenseite also im Konsumationsmodus by design. Wichtig ist hier, die Aufmerksamkeitsspanne für solche Gespräche im Auge zu behalten. Wie wir alle aus unseren unzähligen Videokonferenzen der letzten Monate gelernt haben: so lange Meetings und Workshops wie physisch möglich sind, akzeptieren wir remote nicht. Solche Beratungsgespräche müssen kürzer geplant werden.

Ausserdem gibt es in dieser Situation viel mehr zu erklären: warum man zum Beispiel gerade etwas notiert oder worüber man nebendran nachdenkt und deshalb kurz ruhig war. Und wir müssen damit rechnen, in einen ablenkenden Kontext zu blicken: Während der Kunde oder die Kundin in der physischen Beratung zumeist in das Beratungszimmer kommt, in der die Umgebung wenig Ablenkung bietet, kann in der Remote-Beratung eine Katze durch das Bild laufen, ein Kind ein Bedürfnis haben oder der Ehepartner etwas nicht richtig gehört haben, weil er oder sie zu weit von den Boxen weg sitzt. Solche Ablenkungen zu managen ist weit wichtiger, als richtig in die Kamera zu schauen.

Austausch

Viele weitere Themen konnten wir nebendran und auch im Anschluss noch diskutieren. Der Austausch ist ein wichtiges Element für uns, den Banken einen Ort zum offenen Dialog zu an die Beratungsunterstützung angrenzenden Themen zu bieten und die Konzepte der Beratungsunterstützung weiterzuentwickeln. Er hat uns gezeigt, dass viele Themen in der Realität der anwendenden Banken ankommen, jedoch weitere relevante Erfolgsfaktoren berücksichtigt werden müssen. Partnerschaften, die die Erfahrung mit Beratungen und ihren kleinen und grossen, taktischen und strategischen Herausforderungen haben, helfen sicherzustellen, dass die digital unterstützte Beratung ein Erfolg wird. Mit unserer langjährigen Erfahrung in allen Bereichen der Beratungsunterstützung und unseren Erkenntnissen aus einigen hundert Interview- und Teststunden mit Berater*innen und Kund*innen unterstützt evux Banken, Versicherungen, Reisebüros und Unternehmen mit starkem Aussendienst bei der Konzeption, Umsetzung und Einführung der digital unterstützten Beratung.

Nochmals unseren herzlichsten Dank an alle Teilnehmenden! Wir freuen uns bereits auf unseren nächsten Austausch, der voraussichtlich im Februar 2021 stattfinden wird. Wenn du dich für eine Teilnahme an der IG Beratungsunterstützung interessierst, melde dich gerne bei Susanne. Für eine wertvolle Bankberatung der Zukunft.

 

Featured image: Photo by Lala Azizli on Unsplash

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